Donnerstag, 12. Januar 2017

Laurie Penny möchte eine Schneeflocke sein

Laurie Penny fragt sich, was es eigentlich heißt, "starke Frau" genannt zu werden.

Es hat sie immer gewundert, weshalb sie so oft "stark" genannt wird. Bis ihr auffiel, dass das meistens geschah, wenn sie öffentlich angegriffen worden war - was ihr regelmäßig geschah, wie "den meisten Frauen, die es wagen, online politische Meinungen zu äußern" und wenn sie davon wirklich getroffen worden war.

Aber wenn sie sich stark fühlt, weitermacht, weiterkämpft, weiterhin gegen Ungerechtigkeit anschreibt, dann auf einmal wird ihr gesagt, sie sei schwach, weinerlich.

"Meine Mutter war eine starke Frau". Das bekommt Laurie Penny oft von männlichen Gegenübern zu hören, wenn es um die Emanzipationsbewegung der Frau geht. Die Mutter war stark. Stark genug, impliziert das, um keine Emanzipation zu benötigen. Stark genug, Ungerechtigkeit zu ertragen.

Laut Penny leben wir in einer Kultur, die auf Unterdrückung von Gefühlen setzt. Denn wenn die Gefühle nicht unterdrückt würden, könnten zwei Wahrheiten über das moderne Leben ans Licht kommen. Erstens: Das moderne Leben ist in Teilen traumatisch, unerträglich und zutiefst angsteinflößend. Zweitens und noch gefährlicher folgt aus dieser ersten Wahrheit: Es muss nicht so bleiben.

Das Bild der "starken Frau" scheint zu bedeuten: Eine Frau, die sich über Unterdrückung nur ganz wenig beklagt. Die Ungerechtigkeit wegen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe oder ihrer sozialen Klasse hinnimmt, ohne zusammenzubrechen. Jedenfalls nicht dort, wo andere sie sehen können.

[...] Stärke von unterdrückten Menschen zu verlangen heißt, ihre Unterdrückung zu entschuldigen. Es bedeutet, dass alle die zu "schwach" sind, die Widerspruch äußern.

[...] Widerstand gilt dann als "Überempfindlichkeit"

Laurie Penny findet dann einen wundervollen Weg zurück zum Anfangsthema des Textes und möchte Verletzlichkeit und Weichheit feiern, die nicht anderen die Menschlichkeit absprechen muss, um sich stark zu fühlen. Die Verletzlichkeit einer Schneeflocke, die in der Masse aber doch zu einer Lawine werden kann.

So gut kann sie das. So schön macht sie das. So oft äußert sie kluge Dinge (natürlich nicht immer, aber wer kann das schon!). Und ist dabei so jung. Na gut, knapp über dreißig. Aber schon mit Mitte zwanzig hat klügere Dinge gesagt als ich mit vierzig hinkriege. Ich bin ziemlich beeindruckt, merkt man ja.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen