Freitag, 19. Februar 2021

Igelnachwuchs - Stress!

 Eigentlich total niedlich. Fünf, nein, sogar sechs kleine Igelchen, die durch den Garten flitzen. Die Kinder finden es total großartig. Allerdings sind die Igel noch seehr klein. Wo steckt eigentlich die Mutter? Heißt es nicht, die sollten immer nur unter Aufsicht in der Gruppe durch die Gegend streifen und sich gar nicht so weit voneinander und von der Mutter entfernen? Hier mehr idyllische Fotos von einer Profi-Igel-Webseite, wie man sich das vorstellt. Außerdem sind sie tagsüber unterwegs, statt nachtaktiv, wie ihnen jedes kluge Igelbuch zuschreibt.

Das Kind und seine Freundin "spielen" mit den Igeln, ich muss sie darauf aufmerksam machen, dass das Wildtiere sind und die bestimmt Stress haben, wenn sie angefasst werden. Die Freundin (ein neunjähriges Mädchen) macht mich darauf aufmerksam, dass einige der Igeljungen komische weiße Stellen in den Stacheln haben und dass im Internet steht, dass man die entfernen soll, sonst sterben die Tiere.

Wie eine ordentliche Erwachsene wiegele ich ab, nein, so schnell sterben kleine Igel schon nicht. Abends erst mal gründliche Recherche zu Igel und ihren Problemen. Oh nein, hätte ich das mal nicht getan. In der Tat, die weißen Stippen könnten Fliegeneier sein, die, wenn sie schlüpfen, als Maden den Igel quasi auffressen. In den nächsten Tagen beobachten wir den ein oder anderen Igel, dem Fliegen wie Vorboten des Todes um den Kopf surren. Von der Mutter keine Spur. Richtig fit sehen die Fliegen-Igelchen auch nicht aus. Was nun? Recherche zu Tierärzten und Igelzentren setzen ein. Im Ernst, am anderen Ende von Hamburg, quasi in Schleswig-Holstein?

Wir beschließen, die Igel mit Futter zu unterstützen, sie wirken recht klein und sollten ja vor dem Winter ordentlich Gewicht zulegen. Außerdem sind fette, fitte Igel sicher resistenter gegen Fliegen. Wir lernen dazu, was für Igel so gut sein soll. Nach einigen Reinfällen (gekochte Eier, irgendwer?) bleiben wir bei Dosenfutter für Katzen hängen. Und lernen viel über den verschwindend geringen Fleischanteil in vielen Marken!

Irgendwann (vermutlich leider zu spät für einige der Tiere) fasse ich mir ein Herz, bereite alles vor (Pinzette, Küchentücher zum Anfassen, Öl zum besseren Abziehen der Maden) schnappe mir ein Tier und fange an, die weißen Stippen abzusammeln. Eine mühselige Arbeit, natürlich windet sich der Igel, mit ein bisschen Futter lässt er sich immerhin ein wenig beruhigen. Ich habe das vermutlich ungefähr 3-4 Mal geschafft. Die Igel fressen das Katzenfutter und am Schluss haben wir öfter drei Tiere zur selben Zeit gesehen. Einer war etwas größer als die anderen, entweder ein Schnell-Wachser, oder vielleicht doch die Mutter. Von den anderen, bis zu dreien, haben wir nichts mehr gesehen. Ich habe ja immer ein wenig Angst, irgendwo beim Unkrautjäten unter Gebüsch auf eine kleine Igelleiche zu stoßen. Hoffe, die Natur in unserem Garten funktioniert so weit, dass größere tote Tiere irgendwie ihre Bestimmung finden, gibt ja einige Katzen und sonstige fleischfressenden Tiere  hier in der Gegend.

Gelernt:

- Igel sind ganz schön niedlich. Für zum Beispiel Maulwurfbabys würde ich zum Beispiel viel weniger Empathie aufbringen und ganz bestimmt nicht überlegen, sie zum Tierarzt zu bringen

- Igel sind ganz schön anfällig. Lungenwürmer, fleischfressende Maden etc. Nächstes Mal würde ich vermutlich schneller reagieren und entweder selbst zur "Tierärztin" werden oder sie wegbringen

- Lest die Igelbücher für Kinder mit einer gesunden Portion Skepsis. Da ist alles ein bisschen schöngefärbt und beim konkreten Gedanken daran, ob wir einen Igel bei uns im Keller überwintern lassen sollten (wird als quasi-Standard in jedem Kinder-Igelbuch für zu leichte Igel genannt) bin ich dann doch plötzlich Verfechterin des "der Natur ihren Lauf lassens".



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