Montag, 18. Juli 2016

Den Mund aufmachen - oder auch nicht

Bei Herrn Pfarrfrau las ich neulich einen sehr ehrlichen Bericht darüber, wie er mal den Mund NICHT aufmachte.

Kann ich gut nachvollziehen. Geht mir in manchen Situationen ähnlich. Und selbst wenn man den Mund aufmacht, ist es ja nicht unbedingt besser!

Wie neulich: In der Schule. Ein schrecklich langer Informationsabend zur Planung, wie die Ganztagsbetreuung in Zukunft organisiert werden soll. Ich halte mit Mühe fast die ganze Zeit meinen Mund, denn es wird uns erst wieder in zwei Jahren betreffen.

Es darf jeder seine Befindlichkeiten äußern: Warum bis 16.00 Uhr und nicht nur bis 15.00 Uhr? Warum Mittwochs ein langer Tag, wo doch alle Therapeuten und Ärzte mittwochs geschlossen haben. Warum überhaupt und schon in der Grundschule (Information von der Schulleitung zu Anfang des Abends: 85% der Eltern an dieser Schule nutzen bereits die Nachmittagsbetreuung - man will das jetzt in eine pädagogisch sinnvollere Form bringen).

Angesichts der vielen Fragen, die zum Teil große Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Ganztagsschule verrieten, kann man ohne Schwierigkeiten zu dem Schluss kommen, dass wohl viele Vertreter der 15%, die das nicht in Anspruch nehmen, anwesend waren und sich äußerten. Das sind hier natürlich eher die engagierteren Eltern. Wo nur ein Elternteil Vollzeit arbeitet. Gebildeter. Oft deutschstämmig, denn Halbtagsschule, das kennt man noch aus der eigenen Kindheit und "was für uns gut war, kann für unsere Kinder doch nicht schlecht sein".

Kurz vor Schluss dann der Vater, dem auffällt: "Sie meinen, das soll dann schon für die 1. und 2.-Klässler gelten?" (ja, darüber haben wir gerade eine geschlagene Stunde lang gesprochen) "Für die armen 6-jährigen Würmchen? Wer Kinder in die Welt setzt, sollte es doch die ersten Jahre lang schaffen, sich ab 13.00 Uhr um sie zu kümmern."

Ja. Wie reagiert man da, um eventuell einen Denkprozess in Gang zu setzen. Dass er gerade 85%  der Eltern dieser Schule und ihr Lebensmodell beleidigt? Dass er ihnen (mir!) tatsächlich abspricht, gut für ihre Kinder zu sein?

Vermutlich eher nicht durch meinen Zwischenruf: "Das kann man auch ganz anders sehen. Aber das besprechen wir hier lieber nicht weiter, sonst streiten wir uns nur." Der klang eher nach verhärteten Fronten.

Vielleicht: "Ach, Sie sind also die ersten acht, neun Jahre durchgehend zu Hause für Ihre Kinder?" - Nein, Sarkasmus kommt auch nicht gut bei Kommunikationsproblemen.

Leider weiß ich es nicht. Mund aufmachen finde ich in dem Fall ein kleines bisschen besser als nichts sagen, einfach, um dieser Meinung nicht das Feld zu überlassen. Aber so richtig sinnvoll kommt es einem dann auch nicht vor.

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