Donnerstag, 27. April 2017

Besucht: Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg

Juchhu. Endlich. Kultur für die Kinder. Nehme ich mir seit Jahren vor. Zur Verdeutlichung: Als ich nur ein Kind hatte, sah ich mir die Kinderführungen in diversen Museen an und war etwas enttäuscht, wenn die erst ab vier Jahren waren (Übermutter Ich hätte gern schon dem Dreijährigen eine Prise Kutlur gegönnt). Und kaum hat man dann zwei, drei, also ganz viele Kinder, schon kommt man zu gar nichts mehr und der letzte Museumsbesuch (Altona, mit "Kinderolymp", empfehlenswert ab 6 Jahre, würde ich sagen) ist bestimmt schon an die drei Jahre her und war mit reichlich Fluchen über "nie wieder mit dem Auto" verbunden.

Nun also die Ausstellung Game Masters (leider seit dem 23. April vorbei), die mich schon seit Monaten anlachte, wann immer ich am Hauptbahnhof vorbei kam. Denn welches Museumsthema ist dankbarer für Kinder als Konsolen- und Arkaden-Spiele?

Tatsächlich wenige, würde ich sagen. Wir haben uns ganz behutsam auf den Weg gemacht und sind noch durch ein paar andere Räume gegangen, bevor wir im obersten Stock in der Games-Ausstellung landeten. Dabei stießen wir auf Schätze wie die Sammlung alter Instrumente und islamischer Kunst. Man ist ja schon froh, wenn man heutzutage auf mal auf eine Darstellung des Islam ohne jeglichen Bezug zu Gewalt und Islamismus stößt. Bester Fund dort: Comics von Tuffix

Bei den Game Masters dann schön Lärm und Dunkel wie in einer Spielhalle (nicht, dass wir damit viel Erfahrung hätten). Super Mario, yeah, was für eine Freude, wenn die Kinder im Museum mal was aus ihrer Lebenswelt wiedererkennen. Man konnte alle Spiele ausprobieren (während wir in den anderen Räumen immer sehr engmaschig von Museumsangestellten überwacht wurden. Verständlich, da meine Kinder dazu neigen, mit dem Finger auf Dinge zu zeigen, die sie spannend finden - mit sehr wenig Abstand zum Gegenstand).

Dann (für mich) der Höhepunkt: Die Arcade-Spiele-Sammlung. Und ohne, dass man Kleingeld einstecken musste. Allerdings habe selbst ich die Hoch-Zeit dieser Art Spiele wohl verpasst und meinen Kindern erschlossen sie sich auch nur, weil wir schon ein bis zwei Mal den Film "Ralf reicht's" geschaut hatten. Die erklärenden Tafeln neben den Spielen (wer, was, wann, welche bahnbrechenden Neuerungen steckten dahinter, die bald von allen anderen kopiert wurden) habe vermutlich hauptsächlich ich gelesen.

Aber schön war's doch. Es braucht nur wieder ein viertägiges Wochenende, damit ich wieder genügend Energie habe, um alle zu so einem kulturellen Hochgenuß zu schleppen. Wir sehen uns nächste Ostern!

Mittwoch, 26. April 2017

Nicht lang schnacken ...

An dieses inoffizielle Motto Norddeutschlands fühlte ich mich erinnert, als ich in der NZZ las, wie einfach es ist, über Dinge ewig rumzudenken, statt sie einfach mal in Angriff zu nehmen. Die besten Ideen kommen dem Schriftsteller beim Schreiben, der Unternehmer muss unternehmen, und nicht nur darüber nachdenken.

Der Autor Rolf Dobelli (ach guck, von dem hab ich doch schon Bücher gesehen) nennt es den "Punkt des maximalen Grübelns", ab dem das weitere Nachdenken keinen weiteren Erkenntnisgewinn mehr verspricht, sondern vermutlich eher Zaudern ist.

Das ist vermutlich der Ansporn, den ich gerade brauche. Wobei ich nicht versäumen möchte, das Loblied des Zauderns und Abwartens zu singen. Manchmal ist man einfach noch nicht so weit. Vielleicht gedanklich/intellektuell schon, aber gefühlsmäßig, seelisch noch lange nicht. Und dann kann abwarten eine absolut notwendige Option sein.

Aber manchmal natürlich auch nicht.

Nachtrag: Ach guck, der Link dazu kam aus dem Beifang bei Buddenbohms - Ehre, wem Ehre gebührt

Dienstag, 25. April 2017

Ikigai - das Leben im Gleichgewicht

Neu entdeckt (über Sprechblase): Das Konzept "Ikigai" (japanisch) für Freude am Leben, Lebenssinn, wofür es sich lohnt, morgens aufzustehen.

Hier ein deutsch beschriftetes Bild.



Quelle: http://dxnganodermakaffee.at/dxn/ikigai

Natürlich sehr idealisiert. Beim Blog Sprechblase sieht man noch mal, was angeblich an den Überschneidungen passiert, wo sich "nur" drei der Bereich treffen, aber nicht alle vier (auf Englisch). Bei der Schnittmenge zwischen Berif und Berufung also: "Gefühl der Leere" - weil ich es nicht unbedingt gern mache/liebe, was ich tue.

Fraglich ist natürlich, ob man diesen Idealzustand tatsächlich erreichen kann. Und ob man ihn erreichen "muss", um sich ausgefüllt zu fühlen. Vielleicht kann man es ja auch aufteilen und "Beruf" und "Mission" getrennt leben zum Beispiel.

Für mich auf jeden Fall gerade eine wertvolle Anregung.

Samstag, 22. April 2017

Was ist "Survivorship Bias"?

Das ist genau das, worüber ich neulich schrieb: Weshalb kaum Artikel erscheinen über all die erfolglosen Autoren, Musiker, Unternehmer. Und weshalb übersehen wird, wie groß das Risiko des "Scheiterns", oder zumindest des "keinen übermäßigen Erfolg"-Habens in Wirklichkeit ist.

Hier im Comic gut dargestellt: Würde man wirklich einem Lotto-Gewinner glauben, der sagt: "Du musst an Dich glauben. Du darfst einfach nie aufhören, Lose zu kaufen, und dann, eines Tages, gewinnst DU das große Los"? Hm, nee, von Wahrscheinlichkeitsrechnung haben die meisten dann doch schon mal gehört, da stimmt doch irgendwas nicht, kann man ja gar nicht beeinflussen, das Losglück.

Aber allen möglichen "Motivational Speakers", Ted(X)-Rednern und ähnlichen nehmen wir das ab? "Tu, was Du liebst, und Du wirst erfolgreich sein - denn mir ist es auch gelungen"?

Lieber noch mal nachdenken.

Freitag, 21. April 2017

Eine meiner Stärken

Neben der Superkraft, meine Bücherhallen-Kundennummer auswendig zu wissen (sehr wichtig, um problemlos online verlängern zu können) bin ich auch sehr gut darin, gute Bücher mir noch unbekannter Autoren aus dem Regal in der Bücherei zu fischen. Ein Grund, weshalb ich noch nicht (viel) elektronisch lese: Dort geht das nicht oder erheblich schwieriger als vor der physischen Bücherwand.

Mein letzter Fang:
"Capital" von John Lanchester ("Kapital" auf Deutsch). So toll geschrieben. So viele Hauptpersonen, ohne dass man durcheinander kommt! Kurz überlegt man: Wer war jetzt schon wieder dieser Parker und schon gibt der Autor einen dezenten Hinweis, und man ist wieder voll drin. Die volle Breitseite London wird hier gezeigt, mit den irrsinnigen Häuserpreisen und der Bankenkrise als Hintergrundgeschichte. Und es sind alle dabei: Schwarze, Weiße, Einwanderer, Ur-Engländer, Männer, Frauen. Ich bin sehr zufrieden mit diesem Griff. Und Herr Lanchester hat noch mehr Bücher geschrieben (und viele kluge Dinge über die Wirtschaftswissenschaften und das Finanzwesen), da hab ich also noch mehr, um gezielt zuzugreifen und mich drauf zu freuen.

Ach so: Wer das mit den Büchern nicht so gut kann wie ich :-), für den haben die Bücherhallen den "Libromat" entwickelt, ein Online-Tool, dass Dir Vorschläge macht. Sagt gern Bescheid, ob das was taugt.

Donnerstag, 20. April 2017

Und passend zum Thema "was ist mit der Jugend"

Als hätten sie mich gehört, hat Edition F einen Artikel veröffentlicht, der meinen Punkt vom letzten Mal unterstreicht: Eine immer größere Mehrheit von Alten macht das Leben für Kinder und junge Menschen schwieriger und für uns alle unlebendiger, starrer, konservativer.

Das ist ein Grund, weshalb es so schwierig ist, ausreichend Ressourcen dahin zu stecken, wo es am meisten Früchte tragen würde - an den Anfang des Lebens.

Wie sagt es Wolfgang Gründinger in dem Interview so schön:
"Deutschland ist ein Land, das längst vergangene Stadtschlösser wieder aufbaut und gleichzeitig Jugendclubs schließt; das über Nacht zig-milliardenschwere Rentenpakete schnürt, aber zugleich Förderprogramme für Kitas auf Eis legt, weil angeblich die Kassen leer sind; das Umgehungsstraßen baut, aber beim Ausbau von Glasfaser-Internet auf der Stelle tritt; dessen Schüler Latein und Altgriechisch lernen müssen, nicht aber Programmieren und Informatik; kurzum: das in der Vergangenheit schwelgt statt von der Zukunft zu träumen."

Dienstag, 18. April 2017

Für immer jung - wollen wir das?

Schon wieder die ZEIT: wissenschaftliche Fortschritte beim "Kampf" gegen das Altern. Also wir sollen immer älter werden können und dabei möglichst nicht so krank werden. Angeblich gibt's da grad ein paar vielversprechende Entwicklungen.

Das mag ja sein. Und niemand - auch ich nicht - sagt vermutlich von sich: Ich freu mich aufs Sterben. Oder: Ich will dann mal abtreten.

Aber die Konsequenzen ("bedenke das Ende"): Wollen wir das wirklich? Ist die Gesellschaft nicht schon alt genug? Es werden ja nicht mehr Kinder geboren, schon jetzt kommen viele nicht mehr mit der Lebendigkeit, der Geschwindigkeit, und ja, auch der Lautstärke von Kindern und jungen Leuten zurecht. Wie soll das erst werden, wenn die Älteren noch viel mehr in der Mehrheit sind? Und will ich das dann wirklich, im kollektiven Altersheim Deutschland sitzen, meinen Cappuccino im Sonnenschein schlürfen und "ts ts ts" machen, wenn ein paar Kids auf Inlinern vorbeirollern und dabei lautstark rumalbern?

Montag, 17. April 2017

Ein Artikel über einen Beinahe-Erfolg

"Der Beinahe-Bill-Gates" - mit dieser Überschrift hatte die ZEIT von letzter Woche mich schon. Fast egal, was dann im Artikel stand (tatsächlich ungefähr das, was die Überschrift versprach: Ein Software-Ingenieur, der immer nah dran war, aber eben mal NICHT die Über-Firma gründete und die Milliarden machte).

Und wie schön und erholsam das ist. Der Normalzustand. Natürlich nicht so spannend, wie man das in einem Zeitungsartikel erwartet. Aber eben das, was den meisten passiert. Das Leben verläuft - hauptsächlich normal. Man scheitert. Oder man hat einfach keinen übermäßigen Erfolg.

Selbst bei Künstlern hört man selten davon, denn natürlich wird eher über Adele, Rihanna, Lady Gaga berichtet, eben über die, die es "geschafft" haben. Man muss schon Musiker persönlich kennen, um die viel häufigere Story zu hören. Mit der Band eine Platte gemacht, sogar getourt - und dann aufgehört. Weil der Durchbruch nicht kam, und man von dem Nicht-Durchbruch irgendwann nicht mehr so richtig leben konnte. Und hin und wieder muss man sich klarmachen: Das ist der Normalfall.

Was nicht heißt, dass man es nicht versuchen sollte, wenn man meint, es steckt in einem. Aber in Perspektive setzen, wenn es nicht klappt, ist sicher nicht das ungesündeste.

Freitag, 7. April 2017

Buch "In der mittleren Ebene" von Jakubzik

In der ZEIT (2017, Nr.14) gab es ein Interview mit dem Autor Frank Jakubzik, der ein Buch über "Das Leben im mittleren Management" geschrieben hat. Spannend - denn viele Autoren gibt es nicht, die aus eigener Erfahrung erhellend aus dem "echten" Arbeitsleben als Angestellte/r schreiben können.

Laut Jakubzeit hat jeder Angestellte Aussteigerfantasien, aber keiner verwirklicht sie. Top-Fähigkeiten sind "Aushalten und Durchhalten".

In Vereine geht ja keiner mehr, da gäbe es ja ein Zugehörigkeitsgefühl. Heute geht man ins Fitness-Studio, ganz unverbindlich, jeder für sich.

"Unser einziger Lebenssinn soll die Arbeit sein, aber leider taugt sie gar nicht zur Selbstverwirklichung."

Jakubziks Traum von einem Ausweg: Ein Brotjob. Kann man das? Sich einen Job suchen, den abreißen, zu Hause nicht mehr dran denken und seine Selbstverwirklichung (Freunde, Projekte, Träume) in der Freizeit leben? Ich kenne einen, der das so macht. Einen einzigen. Von sehr vielen.

Erinnerungen kommen auf: Wie toll ich am Anfang diese Geschäftsflüge fand. Wie wichtig man sich nimmt. Bis man nach einer Weile merkt: Ist auch nur so ähnlich wie Busfahren. Sogar um einiges anstrengender und zeitraubender, aber wenn man erst mal in der Kiste sitzt, fühlt es sich so ähnlich an wie morgens in der S-Bahn. Auf Hin- und Rückflug sieht man dieselben Hanseln, die morgens zum Kunden und abends zurück müssen. Wie man selber. Man Hansel

In den Firmen stehen teurere Möbel als bei einem selber zu Hause. Mit Kunden geht man in bessere Restaurants als mit der Familie. Wenn sich das jemals ändert, ist man verloren. Dann hat man sich in der Business-Welt verloren und kann leider nie wieder zurück.

"Eine Beobachtung war, dass Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen, die selbst noch Eigentümer sind, in einer ganz anderen Weise reden, mit viel mehr Überblick, mit viel mehr Spielraum, als ihn noch so hohe Hierarchen in einem Großkonzern haben." Genau das erlebe ich gerade. Eigentümer, die entscheiden. Manager, die nicht mal wirklich entscheiden können, wo sie im nächsten Quartal den Schwerpunkt ihrer Arbeit legen.

"Die mittlere Ebene geht vom Facility-Manager bis zum Vice-President. Darunter gibt es dann fast nur noch Ausgestoßene, mit denen überhaupt nicht mehr geredet wird, die nur noch auf Pfiff für Mindestlohn rangekarrt und wieder fallen gelassen werden. Und darüber gibt es irgendwelche Götter, über die ich Ihnen leider nichts sagen kann, da fehlt mir die Erfahrung. Vielleicht werden auf dieser Götterebene die Entscheidungen getroffen, keine Ahnung, in der mittleren Ebene tut’s ja niemand."

"Je mehr Detailfragen jemand stelle, desto sicherer könne man sein, dass er in der Sache nichts zu entscheiden habe."

Am Schluss sein Fazit, sein Traum, was er mit dem Buch erreichen will:
"Mein Ziel waren 30.000 Kündigungen in der Großindustrie."

Sonntag, 2. April 2017

Instrumente für Kinder - so wichtig. Und so schwierig

Ich habe heute ein wunderschönes Konzert erlebt. Meine Tochter lernt Geigespielen in der Jugendmusikschule Hamburg und macht bei einem Orchester mit, das ein großes Konzert mit und für Rolf Zuckowski (Held meiner Kindheit), die "Vogelhochzeit", gegeben hat. Toll. Tolle Musik und das sage ich ziemlich objektiv, ich hab auch schon Konzerte durchgestanden, die mehr auf die Elternliebe der Zuhörer gesetzt haben als auf die Schönheit der Musik. Gerade Streichinstrumente können ja gern mal zu "Katzenmusik" führen - das war heute überhaupt nicht der Fall!

Von daher: ganz großartig. Riesen-Einsatz der Jugendmusikschule, jede Menge Wochenendarbeit haben die auf sich genommen, die verschiedenen Orchester, Chöre und Tanzgruppen koordiniert, damit wir ein schönes Erlebnis hatten.

Natürlich hab ich hin und wieder gestöhnt, wenn wir mal wieder zur Probe ans andere Ende der Stadt fahren musste, aber hey, macht man halt. Alles gut. Kein Ding.

Außer, dass es eben doch ein Ding ist. Ja, ich hab das alles gemacht. Weil ich es kann. Weil wir ein Auto haben. Und Geld. Und Zeit. Und weil ich "weiß", dass Musik wichtig und gut für mein Kind ist.

Diese Möglichkeiten hat aber nicht jeder.

Es fängt an der Basis an:

  • Das Instrument

Gibt es in der Schule eines zum Leihen? Bei uns ja, aber nur in begrenzter Anzahl und auch nur Streichinstrumente, und auch nur, wenn man bereit war, seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen.

Bei den Bläsern muss man selber kaufen oder mieten. Wobei wir dann gelernt haben, dass Mieten auf lange Sicht teurer ist als kaufen - aber auch das muss man sich ja erst mal leisten können. Das Saxophon zu mieten kostete im Vierteljahr 45 Euro. Plus Endreinigung, Versicherung, und natürlich Kaution, die man nach Rückgabe irgendwann ein halbes Jahr später zurückbekam. Wenn man mal eben auf 90 Euro verzichten kann, kein Problem. Sonst schon.


  • Der Untericht
Wird Unterricht in der Schule gegeben? Auf welchem Niveau? Kann das Kind dabei überhaupt Spaß am Musizieren bekommen oder wird externer Unterricht vorausgesetzt? Bei den Blasinstrumenten hat mein Kind in über einem Jahr Unterricht exakt vier Töne spielen gelernt. Beim Saxofon, was jetzt nicht das allerkomplizierteste Instrument ist. Im Ernst, beim Abschlusskonzert konnte sie bei "Frère Jacques" nur den ersten Teil spielen, der zweite Teil hatte ja Noten, die sie offiziell noch nicht konnte. Es gab Mitspieler, die durften auf der Bühne nur jeweils einen Ton von sich geben. Also etwa "C, C, C, C, C". Na klar ist das nicht allein Schuld der Lehrperson. Aber Spaß am Instrument wird so  nicht geweckt, das dürfte wohl jedem klar sein.

Wenn externer Unterricht genommen werden soll: Wo liegt die Musikschule? Kann das Kind sie allein erreichen oder müsste es gebracht werden (ist natürlich auch eine Altersfrage)? Wenn gebracht: Wer kann es bringen? Wie teuer ist der Unterricht? Gibt es Rabatt/die Möglichkeit, über Leistungen nach Bildungs- und Teilhabepaket teilzunehmen? Wird das offen und sofort kommuniziert? Wenn Orchesterteilnahme möglich ist: Wo und wann proben die Orchester, wie erreichbar sind die? Wir haben Glück, das Orchester meiner Tochter probt an ihrer eigenen Schule. Selbstverständlich ist das nicht, es gibt Orchestermitglieder, die aus Wilhelmsburg und anderen Stadtteilen extra anreisen. Außer ihr kommen nur zwei oder drei aus dieser Schule, alle anderen haben einen weiteren Weg.

  • Aufführungen und Konzerte
Und nun das Sahnestück. Das Kind darf die Früchte seiner Arbeit ernten, zeigen, was es gelernt hat. Und da wieder diese Fragen: Wo ist der Proben- und Aufführungsort? Von Harburg (unserem Wohnort) an den Mittelweg nach Pöseldorf ist es ziemlich weit. Wir haben Glück und haben Zeit und ein Auto. Ob ich den Weg auch mit Öffentlichen Verkehrsmitteln gemacht hätte? Ich will es hoffen, könnte es aber nicht beschwören. Vor allem, wenn die Probe fünf Stunden dauert und man aber aufgrund der Entfernung nicht mal eben zwischendurch wieder heimfahren kann. Fünf Stunden können selbst an der Alster seehr lang werden.

"Konzertkleidung schwarz" wurde vorgeschrieben. Natürlich sieht das toll und einheitlich aus, wenn alle die gleiche Farbe tragen. Aber schwarz? Bei Elfjährigen? Wir hatten mit Glück ein einziges schwarzes Oberteil schon im Schrank, eine Hose haben wir dann extra dafür gekauft. Ja genau, weil wir das Geld haben, was für ein Glück. Auch der Eintrittspreis von 7,50 Euro für die Begleitperson des Kindes hat uns nicht geschockt - aber wir müssen eben auch nicht von staatlichen Leistungen leben, bei denen solche Mehrausgaben nicht eingeplant sind. Welche Leute ich da treffe und ob ich mich am Konzertort überhaupt wohlfühlen kann oder mich nicht ganz zugehörig fühle - da kann ja sogar ich ein Lied von singen. So viele wohlgestylte Eltern, die alle, wie es sich gehört, schon vor Monaten die Konzertkarten für die gesamte Familie samt Oma, Opa und Tante gekauft hatten (und nicht so unorganisiert wie wir zwei Wochen vor Aufführung feststellten: Längst ausverkauft), da merke ich sofort, dass mein Pulli ein Loch hat und ich leider ungeschminkt bin.

Um nicht im Negativen zu enden, hat es mich sehr gefreut, dass Rolf Zuckowski offensichtlich und schon vor längerer Zeit zu ähnlichen Schlüssen gekommen ist, was die Zugänglichkeit von Musikunterricht in Deutschland angeht. Und deshalb hat er eine Stiftung gegründet. Kinder brauchen Musik. Denn meckern ist immer einfach, machen nicht. Danke, Rolf Zuckowski.